Brennpunkt Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen

Brennpunkt Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen

1. Informationsschreiben des BMF vom 24. Oktober 2025 zu § 4 Nr. 22a UStG

Das BMF hat aktuell ein sogenanntes „Informationsblatt zum Vorliegen begünstigter Leistungen nach § 4 Nr. 22a UStG„ herausgegeben. Damit werden die Kriterien für die Steuerbefreiung von Bildungsveranstaltungen durch gemeinnützige Einrichtungen eingegrenzt. Damit eine Bildungsveranstaltung steuerbefreit ist, müssen demnach bestimmte Vorgaben in drei Bereichen erfüllt sein:

a) Inhalt der Veranstaltung

  • Das Thema ist bildungsrelevant (z. B. Sprachen, Politik, Gesundheit, Kultur).
  • Die Inhalte könnten auch in schulischen, akademischen oder beruflichen Kontexten vermittelt werden.
  • Ein pädagogisch-didaktisches Konzept liegt zugrunde (strukturierte Planung, Lernziele, Zielgruppenorientierung, Rahmenbedingungen, geeignete Methoden und Medien).

b) Zielsetzung der Veranstaltung

  • Im Mittelpunkt steht die Vermittlung von Wissen und Kompetenzen (z. B. Sprachkurs, Einführung in ein Fachgebiet).
  • Es wird ein Lernprozess initiiert.

c) Durchführung der Veranstaltung

  • Die Veranstaltung ist methodisch auf Wissensvermittlung ausgerichtet.
  • Es gibt eine erkennbare Veranstaltungsstruktur (z. B. Kursaufbau, Lernkontrolle, Teilnehmerunterlagen).

Die Bildungsveranstaltung ist als Gesamtbild zu betrachten, eine Einzelfallprüfung bleibt erforderlich. Gemeinnützige Bildungseinrichtungen sollten ihre Angebote auf das Vorliegen dieser Kriterien überprüfen.

2. BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2025 zur Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen

Das BMF hat nun seinen Entwurf vom 17. Januar 2025 (siehe unsere Ausgabe Februar 2025) als finales Schreiben veröffentlicht. Neben einigen redaktionellen Anpassungen nimmt das BMF unter anderem nun auch ausdrücklich Stellung zu der Einordnung von digitalen Angeboten. Demnach können Bildungsleistungen auch parallel zu bzw. anstelle einer „Vor-Ort“- Veranstaltung als interaktiver Live-Stream angeboten werden. Die Bereitstellung einer Aufzeichnung des Unterrichts im Nachgang zu einer „Vor-Ort“-Veranstaltung oder zu einem Live-Stream ohne gesondertes Entgelt stellt eine Nebenleistung zur Bildungsleistung dar. Dagegen sind bloße Streaming-Angebote eines aufgezeichneten Unterrichts oder Onlineübungen und Onlineklausuren mit automatisiert generierter Rückmeldung, wie sie zum Beispiel mit Lern-Apps oder auf Lernplattformen bereitgestellt werden, von der Steuerbefreiung ausgeschlossen. Lehrgänge und Streaming-Angebote, die nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz zugelassen sind, sind jedoch wiederum umsatzsteuerfreie Bildungsleistungen.

Positiv ist hervorzuheben, dass das aktuelle BMF-Schreiben die Nichtbeanstandungsregelung aufgrund der auch vom Deutschen Steuerberaterverband (DStV) eingereichten umfangreichen Stellungnahme und erhobenen Forderung nach einer deutlich ausgeweiteten Übergangsregelung bis Ende 2027 festgelegt hat. Das bedeutet, dass es für Leistungen, die vor dem 1.1.2028 ausgeführt werden, nicht beanstandet wird, wenn der Unternehmer seine Umsätze noch nach den bis 31.12.2024 geltenden Regelungen steuerfrei bzw. steuerpflichtig behandelt. Insbesondere Fortbildungsleistungen können bis zum 31.12.2027 steuerpflichtig ausgeführt werden, wenn der Unternehmer dies möchte. Damit besteht auch bei langfristigen Verträgen eine ausreichende Anpassungszeit.

Vor dem 1.1.2025 ausgestellte Bescheinigungen der zuständigen Landesbehörde werden bis zum Ablauf des jeweiligen Gültigkeitszeitraums weiterhin anerkannt, auch Bescheinigungen, die bis 31.12.2025 noch mit dem Wortlaut der Altfassung des Gesetzes ausgestellt werden, werden als Nachweis anerkannt.

3. BGH-Urteil vom 12. Juni 2025 zum Fernunterrichtsschutzgesetz

Zum Thema Fernunterrichtsschutzgesetz ist ergänzend auf das aktuelle Urteil des BGH hinzuweisen. Der BGH hat entschieden, dass die Regelungen des Fernunterrichtsschutzgesetzes nicht nur für Leistungen gegenüber Endverbrauchern anzuwenden sind, sondern auch bei Leistungen gegenüber Unternehmern (BGH- Urteil vom 12.6.2025, III Z R 109/24).

Da die Regelungen zur „Lernkontrolle“ vom BGH weit ausgelegt werden, kann auch schon bei Online-Angeboten eine zulassungspflichtige Leistung nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz vorliegen. Es soll schon genügen, dass der Lernende dem Lehrenden Fragen stellen kann, sodass dieser Rückschlüsse auf den Lernstand ziehen kann. Bei einem Verstoß gegen diese Regelungen ist der zugrunde liegende Vertrag nichtig. Umsatzsteuerlich ist dieses Urteil relevant für die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerfreien Bildungsleistungen und steuerpflichtigen elektronischen Dienstleistungen.

Fernunterricht und FernUSG:
Fernunterricht ist die entgeltliche Wissensvermittlung bei räumlicher Trennung von Lehrenden und Lernenden, mit Überwachung des Lernerfolgs. Für steuerfreie Fernunterrichtsangebote ist eine Zulassung durch die Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) erforderlich.

  • Digitale Angebote und Abgrenzung:
    Die Digitalisierung hat neue Formate wie Live-Streams, aufgezeichnete Kurse, Lern-Apps und virtuelle Klassenzimmer hervorgebracht. Nicht alle Angebote sind steuerfrei:
    • Live-Streams mit Interaktion gelten als steuerfreie Bildungsleistung.
    • Automatisierte Lernprogramme und reine Video-Downloads gelten als elektronische Dienstleistungen und sind steuerpflichtig.
    • Kombinierte Angebote (Live + Aufzeichnung): Nach aktueller BMF-Meinung ist die Aufzeichnung als Nebenleistung zur steuerfreien Hauptleistung befreit.
       
  • Rechtsprechung und ZFU:
    Der BGH sieht das FernUSG auch auf synchrone (Live-)Online-Angebote anwendbar, sofern eine räumliche Trennung besteht und der Lernerfolg überwacht werden kann (z. B. durch Rückfragen, nicht unbedingt durch Prüfungen). Die ZFU und einige Gerichte sehen das teilweise anders, was zu Rechtsunsicherheit führt.
     
  • Praktische Folgen für Anbieter:
    • Wer ZFU-zertifizierte Fernlehrgänge anbietet, profitiert von der Umsatzsteuerbefreiung – aber die Zertifizierung ist kostenpflichtig und aufwendig.
    • Angebote zur reinen Freizeitgestaltung (z. B. Hobbykurse) sind nicht steuerbefreit.

Anbieter ohne ZFU-Zulassung müssen prüfen, ob ihr Angebot unter das FernUSG fällt – sonst droht neben fehlender Steuerbefreiung auch Vertragsnichtigkeit.

Anja Knoop - Rechtsanwältin, Steuerberaterin & Partnerin

Mehr Beiträge

Die Verwaltung von Treuhandstiftungen

1. Hintergrund und Sachverhalt In dem Fall des BFH ging es um die umsatzsteuerliche Behandlung von Verwaltungs- und Beratungsleistungen, die ein Treuhänder (Stiftungsträger) im Rahmen

Teilen:

Folgen Sie uns

ASG | Asche Stein Glockemann Verstl Wiezoreck · Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer · Partnerschaft mbB ·
Am Sandtorkai 76 · 20457 Hamburg · Tel. +49 40 413441-0 · Fax +49 40 413441-29