Alle Jahre wieder – Steueränderungen zum Jahreswechsel

Alle Jahre wieder dürfen wir uns zum Jahreswechsel auf Steueränderungen einstellen. In diesem Jahr hält das Wachstumschancengesetz eine ganze Reihe von Steuergeschenken bereit, insbesondere für Unternehmen.

Die Änderungen, die das Gesetz in seiner vom Bundestag beschlossenen Form für den Dritten Sektor vorsieht, sind zwar überschaubar, dafür aber durchaus erfreulich. So sollte unter anderem endlich Klarheit bei einer seit langem umstrittenen Vorschrift geschaffen werden. Es geht um den ermäßigten Umsatzsteuersatz für Zweckbetriebe nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG. Das Gesetzgebungsverfahren ist allerdings auf den letzten Metern ins Straucheln gekommen, weswegen das Feuerwerk zum Jahreswechsel diesmal wohl ausbleibt.

Zur Einordnung

Im Umsatzsteuergesetz ist geregelt, dass für umsatzsteuerpflichtige Leistungen, die eine gemeinnützige Einrichtung im Rahmen ihres allgemeinen Zweckbetriebes nach § 65 AO erfüllt, der ermäßigte Steuersatz von 7 % zur Anwendung kommt, wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht.

1. Angedachte Änderung: keine Wettbewerbsprüfung des allgemeinen Zweckbetriebs

Allgemeiner Konsens ist, dass der ermäßigte Steuersatz für Zweckbetriebe nach § 65 AO anzuwenden ist, so auch die Auffassung der Finanzverwaltung in Abschnitt 12.9 Abs. 9 Satz 2 UStAE. Demnach kommt der ermäßigte Steuersatz in einem Zweckbetrieb nach § 65 AO uneingeschränkt zur Anwendung, weil hier die Wettbewerbsfrage bereits auf Ebene der Einstufung als Zweckbetrieb geklärt wurde. Schließlich ist eine Einordnung als Zweckbetrieb nach § 65 AO nur möglich, wenn der Betrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Somit ist der ermäßigte Steuersatz im Zweckbetrieb seit Jahren gelebte Praxis, ganz nach dem Motto, wo kein Kläger da kein Richter.

Im Jahr 2021 hatte allerdings der Bundesfinanzhof über die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes im Zweckbetrieb nach § 65 AO zu urteilen (BFH-Urteil vom 26. August 2021 – V R 5/19) und legte die Vorschrift sehr eng aus. Nach Auffassung der höchsten deutschen Steuerrichter ist bei der Prüfung der umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ein höherer Maßstab als bei der Prüfung des Wettbewerbskriteriums bei der ertragsteuerlichen Einordnung eines Zweckbetriebes nach § 65 AO anzulegen. Demnach ist bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des ermäßigten Steuersatzes auch zu prüfen, ob durch den Zweckbetrieb zusätzliche Einnahmen erzielt werden, was wohl faktisch immer der Fall sein wird. Diese strenge Sichtweise würde in der Praxis dazu führen, dass der ermäßigte Steuersatz wohl nicht mehr im Rahmen des Zweckbetriebes nach § 65 AO zur Anwendung käme.

Die Finanzämter wenden das BFH-Urteil über den Einzelfall hinaus glücklicherweise bislang nicht an. Allerdings besteht seitdem ein latentes Steuerrisiko für den ermäßigten Steuersatz im allgemeinen Zweckbetrieb.

Diese Unsicherheit sollte durch die Gesetzesänderung vermindert werden. Demnach sollte bei Leistungen aus einem Zweckbetrieb nach § 65 AO ausdrücklich keine umsatzsteuerliche Prüfung der Wettbewerbsrelevanz mehr vorzunehmen sein.

Ob bzw. in welcher Form das von Bundestag am 17. November 2023 verabschiedete Gesetz in Kraft tritt, ist seit der Bundesratssitzung vom 24. November 2023 nicht mehr klar. Der Bundesrat hatte das Gesetzgebungsverfahren gestoppt und die Einberufung des Vermittlungsausschusses mit dem Ziel der grundlegenden Überarbeitung des Gesetzes verlangt.

Hintergrund für das Veto des Bundesrates war, dass dieser vorab zahlreiche Änderungsvorschläge zum Gesetz aufgegeben hatte, die vom Bundestag nicht oder nur sehr punktuell übernommen wurden. Unter andere griff der Bundesrat auch die geplante Änderung zu § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG auf.

Der Bundesrat befürchtet, dass durch diese Änderung ein Einfallstor zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Servicegesellschaften nach § 57 Abs. 3 AO geöffnet wird, was unabsehbare fiskalische Auswirkungen haben könnte. Für die Servicegesellschaften (und die steuerbegünstigten Empfänger) hingegen wäre es von größtem Interessen, Rechtsklarheit über den anwendbaren Steuersatz zu erlangen.

2. Angedachte Änderung: Erweiterung der eigenen Zweckverwirklichung

Eine Änderung bzw. Klarstellung sieht der Gesetzesentwurf durch die Einfügung des Satzes 4 in § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchstabe a UStG vor. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes kommt nach aktueller Lage – wie oben bereits dargestellt – auch dann zur Anwendung, wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 AO bezeichneten Zweckbetrieben, den speziellen Zweckbetrieben wie Wohlfahrtspflege, Krankenhäuser etc. , ihre steuerbegünstigten Zwecke selbst verwirklicht. Satz 4 soll nun klarstellen, dass die steuerbegünstigten Zwecke selbst verwirklicht werden, wenn die Leistungsempfänger oder an der Leistungserbringung beteiligte Personen vom steuerbegünstigten Zweck der Einrichtung erfasst werden.

Hintergrund für die geforderte Gesetzesanpassung ist ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus 2019 zu einem Inklusionsbetrieb. Seinerzeit hatte der BFH entschieden, dass Umsätze eines Bistros, welches von einer Wohlfahrtseinrichtung betrieben wurde und behinderte Menschen beschäftigte, nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegen (BFH-Urteil vom 23. Juli 2019). Der BFH begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass mit den erbrachten Leistungen (Verkauf von Speisen und Getränken) selbst keine steuerbegünstigten Zwecke verfolgt werden.

Der Gesetzgeber erwägt, für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht allein auf den Leistungsempfänger abzustellen, sondern eine Gesamtschau vorzunehmen, bei der die Ziele der Einrichtung als Ganzes zu würdigen sind.

Doch auch diese Änderung steht unter dem Vorbehalt des Vermittlungsausschusses.

Mit Spannung ist daher abzuwarten, ob und mit welchen Steuergeschenken der Dritten Sektor schlussendlich rechnen darf. Unter dem Weihnachtsbaum werden diese in diesem Jahr nur leider nicht liegen, da der Vermittlungsausschuss bis heute zu keinem Ergebnis kam und die Verhandlungen auf das kommende Jahr vertagt wurden.

Anja Knoop - Rechtsanwältin, Steuerberaterin & Partnerin

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