Die Stiftungsrechtsreform, die am 1. Juli 2023 in Kraft getreten ist, hat unter anderem zu Änderungen des Vermögensausweises von Stiftungen geführt. In unserem Spotlight vom September 2022 hatten wir schon eine erste Einordnung und Analyse des Handlungsbedarfs vorgenommen. Durch den erweiterten Kapitalausweis soll eine genaue und umfassende Darstellung des Stiftungsvermögens und damit ein besserer Überblick über in die finanzielle Situation einer Stiftung erreicht werden. Ein besonderes Augenmerk des Gesetzgebers lag auf der Abgrenzung des dauerhaft zu erhaltenden Grundstockvermögens und des verwendbaren „sonstigen Vermögens“. Auch wenn die aktuelle IDW-Stellungnahme in ihrer Grundstruktur für die Abbildung des Stiftungsvermögens nach neuem Recht durchaus brauchbar wäre, hat das Institut der Wirtschaftsprüfer die Reform zum Anlass genommen, seine Stellungnahme zu aktualisieren und zu ergänzen. Der Entwurf stellt zwar ausdrücklich eine „noch nicht abschließend abgestimmte Berufsauffassung“ dar, kann jedoch bereits in der Praxis herangezogen werden.
Die gesetzliche Grundlage zum Ausweis des Stiftungsvermögens in § 83b BGB n.F. liefert die Eckpfeiler, weitere Details liegen in dem Beurteilungsspielraum der handelnden Organe. Der neue IDW-Entwurf gibt Anhaltspunkte über den Bilanzausweis, auch wenn dieser Entwurf für die nicht prüfungspflichtigen Stiftungen noch weniger verbindlich ist als für die prüfungspflichtigen. Das IDW hatte bereits im Jahr 2013 Stellung zur Rechnungslegung von Stiftungen bezogen (IDW RS HFA 5 – Stand: 06.12.2013). Im Dezember 2023 wurde nun der Entwurf einer Neufassung dieser Stellungnahme veröffentlicht (IDW ERS HFA 5 n.F. – Stand 11.12.2023). Insbesondere die Aussagen zur Struktur und zum Erhalt des Stiftungsvermögens sowie zu den einzelnen Bestandteilen des Eigenkapitals der Stiftung wurden überarbeitet.
Die wesentlichen Änderungen stellen wir hiermit vor:
Erhalt des Grundstockvermögens
Durch die Stiftungsrechtsreform wurde erstmalig das Stiftungsvermögen definiert, welches bei auf Dauer angelegten Stiftungen (sogenannte Ewigkeitsstiftungen) aus dem Grundstockvermögen und dem sonstigen Vermögen besteht, § 83b Abs. 1 BGB n.F.. Bei Verbrauchsstiftungen besteht das Stiftungsvermögen aufgrund der Satzung hingegen nur aus sonstigem Vermögen. § 83c Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. regelt nunmehr bundeseinheitlich die Pflicht zum ungeschmälerten Erhalt des Grundstockvermögens, präzisiert jedoch nicht, ob es sich um einen nominalen oder realen Werterhalt handelt. Der IDW-Entwurf macht das eigene Verständnis des Instituts zur Vermögenserhaltung deutlich. Danach sollte sich die konkrete Vermögenserhaltungspflicht an dem Stifterwillen und den Stiftungszwecken ausrichten. Der Stiftungsvorstand sollte bestrebt sein, eine reale Vermögenserhaltung zu erreichen, da ansonsten die Ertragskraft des Vermögens unter Berücksichtigung von Preissteigerungen abnimmt. Der nominale Werterhalt ist daher offensichtlich nur eine Mindestforderung. Das IDW postuliert, dass ein Kapitalerhaltungskonzept zu entwickeln und entsprechend zu dokumentieren sei. Dann sei auch eine vorübergehende Minderung des Grundstockkapitals hinzunehmen, wenn das Konzept erkennen lässt, dass der Kapitalerhalt mittelfristig wieder erreicht werden kann.
Vorschriften zur Rechnungslegung
Der IDW-Entwurf trägt die gesetzlichen Grundlagen der Rechnungslegung zusammen: Die Vorschriften des BGB regeln, wenn auch über Umwege und Verweisungsketten, erstmalig die Grundzüge der Rechnungslegung für Stiftungen. Nach § 84a Abs. 1 BGB gelten für die Organtätigkeit die Vorschriften des Auftragsrechts entsprechend. Danach ist der Beauftragte dem Auftraggeber gegenüber verpflichtet, über die Auftragsausführung Rechenschaft abzulegen. Für die Rechnungslegung an sich wird wiederum auf §§ 259, 260 BGB verwiesen, die eine Mindestanforderung aufstellen: eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben sowie ein Bestandsverzeichnis. Die Landesstiftungsgesetzte enthalten konkretisierende Regelungen zur Rechnungslegung. Einige verpflichten die Stiftung ausdrücklich zur ordnungsgemäßen Buchführung. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung umfasst allerdings lediglich die allgemeinen Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit, nicht hingegen eine bestimmte Rechnungslegungsmethode, wie die doppelte Buchführung im handelsrechtlichen Sinne. Stiftungen können aber aufgrund gesetzlicher Vorschriften und/oder ihrer Satzung dazu verpflichtet sein, einen handelsrechtlichen Jahresabschluss aufzustellen. Sie können aber auch freiwillig, beispielsweise aufgrund der IDW-Empfehlung, einen entsprechenden Abschluss aufstellen. In diesen Fällen sind die Vorschriften des Handelsgesetzbuches analog zu beachten.
Eigenkapitalausweis und Kapitalerhaltung
Das Eigenkapital der Stiftung sollte nach dem Entwurf wie folgt gegliedert werden, wobei die hervorgehobenen Positionen neu eingefügt wurden:
- Eigenkapital
I. Grundstockkapital
- Errichtungskapital
- Zustiftungskapital
- Zuführungskapital
II. Verbrauchskapital
III. Kapitalrücklage
IV. Ergebnisrücklagen
V. Umschichtungsergebnisse
VI. Ergebnisvortrag
Wird die Stiftung auf unbestimmte Zeit errichtet, bildet das Grundstockkapital wertmäßig das Grundstockvermögen auf der Passivseite der Bilanz ab und zeigt damit den Nominalwert des zu erhaltenden Kapitals. Das Grundstockkapital sollte, im Sinne einer transparenten Darstellung, in der Bilanz oder im Anhang weiter untergliedert werden. Das Errichtungskapital entspricht dabei dem Wert des Netto-Vermögens, das der Stiftung im Rahmen der Errichtung durch Stiftungsakt vom Stifter übertragen worden und dauerhaft zu erhalten ist. Wird die Stiftung zu einem späteren Zeitpunkt mit Grundstock-Vermögen dauerhaft ausgestattet, so ist dieses Zustiftungskapital gesondert auszuweisen. Wird überdies das Grundstockvermögen auf Beschluss des Vorstandes durch Mittel, die von der Stiftung erwirtschaftet wurden und die zukünftig dauerhaft erhalten werden sollen, aufgestockt, so sind diese Werte gesondert als Zuführungskapital im Grundstockkapital auszuweisen.
Sofern der Stifter keine Vorgaben hinsichtlich der Art oder der Dauer der Kapitalerhaltung gemacht hat, ist das Grundstockkapital zumindest nominal ungeschmälert zu erhalten. Im Falle der realen Kapitalerhaltung ist das Grundstockkapital zur Ermittlung des zu erhaltenden Kapitals zu indexieren.
Neu in die Kapitalgliederung aufgenommen wird der Ausweis des Verbrauchskapitals. Als Verbrauchskapital werden neben dem bei der Errichtung einer Stiftung eingebrachten Verbrauchskapital auch sonstige Zuwendungen erfasst, die der Stifter oder ein Dritter zum planmäßigen Verbrauch nach konkreten satzungsmäßigen Bestimmungen, vertraglichen Regelungen oder Auflagen in das sonstige Vermögen leistet.
Ergebnisverwendung
Wird das Grundstockvermögen aus dem Ergebnisvortrag erhöht (Zuführungskapital), ist dies in der Darstellung der Ergebnisverwendung entsprecht abzubilden.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die von dem IDW-Entwurf vorgeschlagene Gliederung des Stiftungskapitals eine Verbesserung im Hinblick auf Transparenz und Klarheit der Begrifflichkeiten bedeutet. Der Entwurf macht daneben zahlreiche Ausführungen zu Bewertungsfragen, Gliederung der Bilanz, Bilanzierung von Leistungszusagen und den Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks. Damit eignet sich die Stellungnahme als Orientierungshilfe auch für solche Stiftungen, die nicht geprüft werden.